Wie es beim Schloß-Open war?

Vier Ratinggruppen mit einem internationalen Teilnehmerfeld, drei unterschiedliche Lokalitäten, eng getaktete Spielpläne und ein Weltklasse-Büffet – so war es beim großen Werther Schloß-Open 2024. Eine Fußball-EM zu organisieren ist nichts dagegen.

Wie sich der Wettbewerb im Westen Ostwestfalens schachsportlich gestaltete und ob Bogdan Bilovil am Ende zu Recht den ersten Preis gewann – dafür verweisen wir mit Freuden auf die Webseite des SK Werther.

Dort findet Ihr alles über die Veranstaltung, mit liebevoller Umsicht kompiliert von Ekkehard Hufendiek, der auch für diese 27.Auflage des Turniers wieder einen schwungvollen und sehr lesenswerten Bericht erschuf, gewürzt mit von ihm handgefertigten Photographien.

Zum großen Turnierbericht Schloss-Open 2024

 


Rehe am Wertheraner Schloß! Und im Torbogen Charvi Anilkumar bei der Partievorbereitung

Seien es Mannschaftskämpfe in der Region, seien es Turnierfahrten bis hinauf nach Kiel oder hinunter nach Marburg, Ekkehard legt mit ostwestfälisch robustem Humor mutig den Finger in die Wunden seiner VereinskollegInnen und scheut auch vor kritischen Anmerkungen zu übersehenen Zügen nicht zurück. Das ist gelebter Journalismus:

Unten im Bild machen sich unsere Mannschaftskameraden in der Analyse über Kalles Missgeschick lustig.

In vorderster Front der Fotograf [Ekkehard Hufendiek] mit der Digitalkamera: „Muahahaha – wie blind kann man sein“, sagte ich und zeigte ihm die Mattvariante. „Hast du das denn nicht gesehen?“ Solche Fragen brechen das Eis.

🙂

Auch bei besagtem Turnierausflug ins Marburgische kam es auf der gemeinschaftlichen Hinfahrt offenbar zu einer innerwertheranischen Irritation, die Ekkehard aber staatsmännisch und mit diplomatischem Geschick abzufedern wusste:

Um mich umstandslos am Straßenrand aufgabeln zu können, nötigte Michael mir eine 1,6 Kilometer-Strampelei mit dem Fahrrad ab. Warum sollte er mich auch direkt von zuhause abholen und dann 251 statt nur 250 Kilometer fahren müssen?

So wartete ich am vereinbarten Treffpunkt zehn Minuten im Nieselregen. Feucht und kalt wie eine Hundeschnauze drückte ich mich in den Fond seines Hondas.

Im Kontrast dazu lenkte Michael seinen Wagen anschließend vom Fahrtziel weg, fuhr direkt bis vor Kalles Haustür, stieg in aller Ruhe aus, klingelte und fragte unseren Präsidenten in seinem mollig-warmen Hausflur höflich, ob er schon mitfahrbereit sei.

Ich spreche seitdem kein Wort mehr mit beiden.


Immer der Wahrheit verpflichtet: Ekkehard Hufendiek (Foto: SK Werther)

Und um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: na klar, der junge Bogdan Bilovil gewann das Turnier zu Recht, wenn auch nur knapp vor Oliver Stork!

Vor zwei Jahren musste Bogdan zusammen mit seiner Schwester wegen des üblen russischen Angriffskrieges seine ukrainische Heimat verlassen. Es ist immer wieder berührend und erschütternd, wenn der Krieg und seine dramatischen Folgen so nahe an unseren Alltag heranrücken.

Und die Ukraine – sage keiner, die Ukrainer sollten mal einfach weichen vor den Russen und sich ihr Land und – schlimmer noch – ihre Freiheit nehmen lassen. Wer sind diese Russen, dass sie sich einfach ein anderes Land krallen wollen?
Vielleicht möchte man anerkennen, dass wohl die allermeisten der über 35 Millionen Menschen auch gar keinen Bock haben, von nun an bitte schön unter der Knute einer kaltblütig-korrupten Kreml-Kamarilla leben zu müssen? Immerhin haben sie in ihrem Land erst 2014 ihre Russland-nahe Regierung gestürzt.
Wer mitbekommt – auch auf einem Schachturnier – wie es den UkrainerInnen geht, und was die Tragödie des russischen Terrors für sie bedeutet, wird diesen für alle bitteren Angriffskrieg nicht guten Gewissens rechtfertigen können.

Turnierergebnisse bei Chessresults

Live-Partien der A-Gruppe

Und noch ein Quiz zum Abschluss:


Letzte Turnierrunde, und ich bin mit dabei. Gegen Pascal Werrn aus Sodingen-Castrop spielte ich damentauschend
1.Txc8, worauf er mit 1… Sxa4 antwortete. Wie kam Weiß nun rasant in Vorteil? (Lösung im Wertheraner Turnierbericht)

 

Olaf Steffens

FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

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5 Comments

  1. Ich würde ja behaupten, dass Weiß in der Diagrammstellung nicht erst in Vorteil kommt, sondern es bereits ist – jedenfalls, wenn er den h-Bauern gekonnt zur Geltung bringt 🙂

  2. Berührend und erschütternd ganz sicherlich. Aber auch wunderschön, wenn man mit den ukrainischen Kindern zwischen den Partien zu Mittag isst. Nicht zu bezahlen, wenn ein 10jähriger in schlechtem Deutsch dir seine Sicht auf die Welt schildert. Bewegend, wenn sich ihre Mütter für Selbstverständlichkeiten bedanken. Hoffnungsfroh, wenn man sich ihre schulischen Leistungen erzählen lässt.
    Es fühlt sich wie ein Geschenk an, ein wenig Zeit mit ukrainischen Talenten verbringen zu dürfen. Weil ich sie so mag, hätte ich auch gerne auf alles verzichtet.

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