Völklinger, hört die Signale!

Wacht auf, Verdammte dieser Erde
Die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht wie Glut im Kraterherde
Nun mit Macht zum Durchbruch dringt
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Reinen Tisch macht mit den Bedrängern!
Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger
Alles zu werden, strömt zuhauf!
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Völklinger, hört die Signale!
Auf, zum letzten Gefecht!
Die Internationale
Erkämpft das Menschenrecht!
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Die Internationale

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Bericht über ein Schachturnier in Völklingen/ Saarland 2003

Vor einiger Zeit hatten die Bremer Lehrer Herbstferien und somit Gelegenheit, ihr kleines und nettes Bundesland für einige Zeit zu verlassen. Auch ich wollte die Gelegenheit nutzen und ersann nach langem und mühevollem Abwägen den Plan, zunächst zu Besuch nach Freiburg und dann in ein anderes kleines und nettes Bundesland zu reisen.

Im Saarland nämlich lockte ein Schachturnier, namentlich in der alten Industriestadt Völklingen. Eine gute Möglichkeit also, die weite Welt zu bereisen und dabei zugleich ein wenig Schach zu spielen – auch wenn meine Mitbewohnerin (nennen wir sie Sabine) dieses übermäßige Schachspielen durchaus immer wieder kritisiert (weil sie eine Frau ist? weil sie selber vom Schachspiel nicht so begeistert ist? oder weil sie zu Recht meint, dass man beim Schach nun wirklich überhaupt keine Chancen hat, eine Frau kennenzulernen?).


Frauen kennenlernen beim Schach? Aber immer! (Foto: Tuarb Eid)

Wie auch immer, es kam der Herbst, und mit ihm kam zunächst noch der erste Spieltag der neuen Saison. Wie im letzten BASS berichtet, verloren meine Mannschaft und auch ich jeweils recht deutlich bei den Temponauten in Göttingen, und nach einer ersten Analyse mit Stefan Lindemann am Tag darauf reifte in mir der Beschluss, mich in Zukunft wieder etwas mehr um Schach zu kümmern.

Gesagt, getan – auf der Zugfahrt in den Süden saß ich zwar lange Stunden neben einer netten Bremerin, aber nach einem kurzem Smalltalk zu Beginn der Reise vertiefte ich mich sogleich in meine Chessbase- Ausdrucke und las darin tatsächlich bis zur Ankunft des Zuges südlich des Mains (es ist dies also durchaus eine Bestätigung dafür, dass man beim Schach keine Frauen kennenlernt …).
Sonderbarerweise aber war ich sehr glücklich, für so lange Stunden geübt, gelesen, trainiert zu haben – ganz nach der bewährten und vom LSVer Sergej Salov sehr treffend formulierten Regel „Trainiiieren, trainiiiieren, trainiiiieren!“.

Es scheinen sich lange Bahnreisen zu empfehlen, um ohne große Ablenkung die Tiefen des Spiels zu erkunden.

Nach weiteren schachlichen Übungen auf der Weiterfahrt ins Saarland traf ich in Völklingen ein. Nun mag man sich fragen – was findet man in Völklingen? In dieser kleinen Stadt unweit der Landeshauptstadt Saarbrücken wurden in den letzten einhundert Jahren Unmengen an Eisen produziert. Eine gigantische Eisenhütte mit einer Vielzahl an Türmen, Öfen, Förderbändern, Rohren, Leitern, Bahngleisen und laut dröhnenden Turbinenrädern steht gleich am Stadtrand und ist heute ein Industriemuseum.

Vor einigen Jahren allerdings hat diese Anlage noch munter Eisen für die Welt und für Kriegsgeräte ausgeworfen, und nicht nur Eisen, sondern auch Dreck, Schmutz, Ruß, Schweröle und eine gewaltige Lärmkulisse. Die Stadt ist also geprägt, und auch heute lassen sich an jeder Ecke die Spuren dieser schwerindustriellen Vergangenheit ausmachen.

Ein Glück war es da, dass das Schachturnier im alten Rathaus der Stadt ausgetragen wurde. Dieses Rathaus ist schön und es ist heimelig – das einzige, woran man sich erst gewöhnen muss, ist ein überdimensioniertes Gemälde aus alten Tagen, das im Rathaussaal (in dem auch das Turnier stattfand) den „Angriff der Brandenburger auf den Wald bei … (irgendwo) “ zeigt.
Es war dies eine Szene aus dem deutsch- französischen Krieg 1870/71, und nicht wenig Unbehagen weckte es in mir, jeden Tag beim Schach die mutigen und hurra- schreienden Männer auf dem Bild zu sehen, die dort von einem Maler in eine sicherlich verlustreiche Schlacht geführt wurden – jedoch auf eine unangenehme Weise, die das Ganze eher beschönigt und den Angriff verlogen als Abenteuer und Erlebnis darzustellen versucht.
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„Die Menge an Verpackungsmüll, die heute in Deutschland anfällt, ist die doppelte Menge dessen, was noch 1995 angefallen ist“, sagt Isa Willinger, Regisseurin der Dokumentation [Plastic Fantastic]. „1995 haben wir auch schon im Wohlstand gelebt: Wir mussten nicht hungern, wir hatten alles, was wir wollten, es war bereits eine Wohlstandsgesellschaft.

Trotzdem haben wir damals viel weniger Plastik verbraucht als jetzt. Ganz viel von dem, was auf dem Markt ist, ist eigentlich komplett überflüssig.“

aus: NDR Kultur, Dokumentarfilm „Plastic Fantastic“: Eine Welt voller Plastik

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Stop that drop – Keine Einwegbecher für Kaffee
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Nun aber zum Schach! Viel gibt es nicht zu sagen – schön war das Turnier, angenehm die Atmosphäre und lecker der Kaffee, den man am Nachmittag zur Analyse genießen konnte. Gespielt wurden je nach Gruppe acht oder neun Runden, und die meisten dieser Partien begannen ganz entspannt am Morgen um 10 Uhr. Auf diese Weise blieb genügend Zeit, um die Nacht gut zu nutzen, und zugleich konnten am Nachmittag Ausflüge stattfinden, die Jürgen Wempe vom Veranstalter ChessOrg einmal für einen Besuch in Saarbrücken (grüne Rasenflächen! Bäume! – ganz im Gegensatz zum mitunter doch sehr kargen Völklingen) und ein anderes Mal zur monumentalen Eisenhütte hin anbot.

Ein Wiedersehen gab es auf dem Turnier auch mit Herrn Hoffmann, der die Firma ChessOrg (bzw. „Schachreisen Hoffmann“) in den siebziger Jahren gegründet hatte und damit als einer der Ersten Schachturniere in Verbindung mit attraktiven Reisezielen angeboten hat – sei es in Meran, Monaco, in Oberstdorf oder auf Kreuzfahrtschiffen im Mittelmeer.

Die Völklinger Meistergruppe war in diesem Jahr nur mit sehr wenigen Spielern besetzt – insgesamt waren wir zehn Personen in dieser Gruppe, während bei den Senioren und der B- Gruppe so ungefähr jeweils 30 Leute teilnahmen. Einige der Senioren mit Wertungszahlen von 2000 oder 2100 +x DWZ hatten sich kurzfristig entschieden, statt im Meisterturnier lieber in der vermeintlich nicht so starken Seniorengruppe mitzuspielen, um auf diese Weise ihre Aussichten auf das Preisgeld zu erhöhen.
Die etwas kuriose (jedoch spielttheoretisch sehr interessante) Folge war, dass gerade dadurch das Seniorenturnier insgesamt recht stark besetzt war und viele der Stärkeren ohne Preis nach Hause gehen mussten.
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Das A-Open mit 10 TeilnehmerInnen


Das starke Seniorenturnier (die ersten acht Plätze)
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In der Meistergruppe war es mir durch das Abwandern der spielstarken Senioren daher vergönnt, mit einem deutlichen DWZ- Abstand die Favoritenrolle innezuhaben. Der Gegnerschnitt lag bei knapp über 1900 DWZ, so dass ich mich zunächst ziemlich unter Druck fühlte, auch wirklich eine Menge Punkte zu erobern.

Im Laufe des Turniers jedoch lief es dann sehr gut für mich, und weil auch meine Gegner nicht immer die besten Züge fanden, konnte ich Partie um Partie gewinnen und das Turnier am Ende mit unerwarteten und sehr unglaublichen neun Punkten aus neun Partien gewinnen. Das war ein prima Gefühl, und als Belohnung gab es einen großen, edlen Wanderpokal.
Dieser ausgesprochen schmucke Pokal hatte die Zeit seit dem letzten Open auf dem Dachboden des alten Rathauses verbracht, war am Vortag für die Siegerehrung heruntergeholt worden und wurde gleich im Anschluss an das Turnier wiederum eingefangen … um für ein weiteres Jahr auf dem Dachboden des alten Rathauses zu verschwinden. Schade drum!


Pokal mit Pokalsieger – einer von beiden musste bald wieder auf dem Dachboden verschwinden

So war es in Völklingen in diesem Jahr – schachlich war ich auf jeden Fall sehr froh (das Trainingslager in diversen Intercitys hat sich gelohnt), und auch der Aufenthalt in einer alten Industriestadt war eine sehr beeindruckende Erfahrung.

Es meldet sich nun noch einmal im Original meine charmante Mitbewohnerin (siehe oben) zu Wort mit einem spontanen Schach- Statement:

Endlich kommt auch die Mitbewohnerin mal zu Wort: Ihr Schachspieler solltet Euch nicht so oft vor Schwarz-Weißen-Bretten in ominösen Sportlerhallen aufhalten, das schadet nicht nur Eurem Sozialverhalten zu Nicht-Schachspielern, sondern auch Eurem Teint!

(Auch wenn aus diesen Zeilen ein nur begrenztes Wohlwollen dem Schachsport gegenüber deutlich wird – keine Sorge, keine Sorge, sonst ist sie wirklich nett, die Sabine!)

Zum Abschluss noch eine Partie aus der fünften Runde des Turniers, in der sich vieles unerwartet gut zusammenfügte:


Partiedarstellung wie immer mit Dank an Chessbase.de!

Zuerst erschienen im Bargteheider Schachspiegel (BASS), 2003
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Plastik reduzieren – im Alltag und auch sonst

 

Olaf Steffens

FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

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