Euro 2011: Gustis Hidden Läufer-Champion

Europameisterschaft 2011 in Porto Carras? Deutschland holte den Titel! Wir blicken noch einmal zurück auf die letzte Runde, und – Jan Gustafssons sensationellen weißfeldrigen Läufer.
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Deutschland ist Europameister, und wir freuen uns noch immer! Team Germany ging letztes Jahr als Außenseiter in das Turnier und gewann. Das macht mir Mut – vielleicht kann ja auch der HSV eines Tages noch einmal Deutscher Meister werden?!

Lange Zeit haben sich die Scheinwerfer der Teletext lesenden Öffentlichkeit nun schon auf die fünf neuen Europameister gerichtet, die im schönen Griechenland durch starke Eröffnungen, kraftvolle Züge und das kunstvolle Aushalten in heiklen Situationen sehr zu Recht alle anderen Mannschaften auf Distanz hielten. Chapeau!

Erstaunlich, ein wenig unheimlich und bislang recht wenig diskutiert ist dabei die enge Verbindung der Glorreichen Fünf mit der Hansestadt Bremen:

– Arkadij Naiditsch (spielte erst neulich Schach an der Weser – wie dieser Film beweist),

– Georg Meier (war früher mal ganz, ganz kurz bei Werder Bremen im Team),

– Daniel Fridman (ein Bremer im Herzen)

– Jan Gustafsson (wohnt in der Nähe von Bremen) und

– Rainer Buhmann (war bestimmt auch schon mal in der Stadt)

Auch Uwe Bönsch als Bundestrainer, Betreuer und/ oder Teamchef (vielleicht klärt es sich irgendwann mal auf) und Rustam Kazimdschanow, der Coach für die allerersten Partiezüge, hatten erheblichen Anteil am Erfolg.

Und das gilt ebenso natürlich auch für all jene, die in den neun Runden des Turniers am Bildschirm die Daumen gedrückt haben. (Man soll so etwas ja nicht unterschätzen – kein Scherz, vielleicht hilft es ja wirklich! So sagt es jedenfalls dieser Artikel.)

Das alles führte zu einem sagenhaften ersten Platz bei der EM. Wir können uns bei vielen bedanken. Doch vielleicht haben wir bisher noch nicht an alle gedacht?

Tatsächlich gibt es da jemanden, der in der kitzeligen letzten Runde gegen Armenien das letzte, das entscheidende Unentschieden rettete und somit die Meisterschaft für Deutschland entschied.

Die Rede ist von Jan Gustafsson – und von seinem phänomenalen Läufer. Vom weißfeldrigen Läufer auf c8, um genau zu sein – dem Man of the Match, der in Jan letzter Partie alle gefährlichen Situationen gekonnt zu meistern half. Wir sprechen es offen aus: ohne diesen Läufer wäre Deutschland wahrscheinlich nicht Erster geworden.


Das Remis ist gesichert – auf diesem historischen Photo direkt nach dem Titelgewinn sehen wir Jan Gustafsson, das Ergebnis der Partie und … den Man of the Match auf e4! (Photo: WhyChess)

Dieser Läufer war extra-wichtig. Doch leider scheut er die Öffentlichkeit und hält sich seit dem Titelgewinn bisher sehr im Hintergrund. Der schwarze Läufer c8 – ein typischer Hidden Champion.
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Hidden Champions – Gewinner ohne Aufsehen

Ein Hidden Champion entspricht ungefähr einem „heimlichen Helden“. Unter Hidden Champions versteht man in der Wirtschaft Unternehmen, die einerseits in ihrer Branche bzw. ihrem Konkurrenzumfeld europäische oder gar Weltmarktführer sind, andererseits von der Öffentlichkeit und den Wirtschaftsmedien kaum beachtet oder völlig unterschätzt werden.“   (www.mittelstandswiki.de)

 Ein anderer Hidden Champion ist in der norddeutschen Fußballszene schon gut bekannt – es handelt sich um die Papierkugel, die in einem (fiesen) UEFA-Pokalspiel zwischen Hamburg und Werder Bremen mal eine besondere Rolle gespielt hat.

hidden champion-blume
Der Läufer, ein Hidden Champion? Auf dem Schachbrett ist er schon ein Sieger,
nur das Verstecken muss er wohl irgendwie noch lernen.

hidden champion-filou
Auch hier ist das Versteck noch nicht ganz optimal gewählt.

hidden champion-lampe
 Hier dagegen – perfekte Tarnung, fast wie in freier Wildbahn.

Noch aber hat niemand die Heldentaten des weißfeldrigen Läufers besungen. Schach-Welt, der Blog für die wahren Zusammenhänge, will darum die tolle Leistung dieses Läufers im entscheidenden Spiel der EM mit einem feierlichen Artikel würdigen.

*******W*E*R*B*U*N*G*!*!*************************************

Kühe als Selbstversorger in der Rhön

Der Weltenburger, von Eckart von Hirschhausen

„Das Fleisch und ich – wir haben uns auseinandergelebt. Ich bin kein Vegetarier, ich esse auch weiter Käse und Butter und trinke meinen Kaffee mit Milch. [Anmerkung der Redaktion: wir auch! :-)]
Ich bin kein besserer Mensch geworden. Aber nachdenklicher. […] Heute ist man exotisch, wenn man noch unreflektiert Fleisch isst. Wobei diese Erkenntnis eher aus der Filterblase der urbanen Besserverdiener stammt, denn die „Verbrauchszahlen“ in Deutschland nehmen kaum ab, weltweit steigt die Fleischeslust sogar brutal an und nimmt alle Kollateralschäden billigend in Kauf.
Es ist ja auch billig – weil die Folgekosten, wie bei Umweltschäden üblich, nicht im Preis einkalkuliert, sondern auf andere Länder und Menschen abgewälzt werden. Unsichtbar. […]

Global sieht der Kreislauf anders aus. […] Da wird abgeholzt, um dort, wo die Lunge der Erde für uns alle atmet, noch mehr energiereiche Nahrung wie Soja und Mais anbauen zu können. Besonders schwer zu verschmerzen ist, dass für diese Anbauflächen auch Regenwald abgeholzt wird, in Brasilien und anderswo. Jeden Tag Millionen von Bäumen aus intakten alten Gemeinschaften – das Zuhause vieler Lebewesen.
Das Futter wird dann aus Südamerika nach Europa geschippert, um hierzulande die Rinder in der Massentierhaltung zu mästen. Die machen über den Daumen aus zehn Kalorien, die sie als Futter bekommen, eine Kalorie, die sie als Fleisch liefern. Der Rest wird selbst verbraucht oder ausgeschissen.
Aber keiner bringt dann die Gülle postwendend wieder dorthin, wo das Soja oder der Mais herkamen. Keiner will den Scheiß. Und deshalb stinkt es hierzulande oft so erbärmlich, wenn man über Land radelt, weil die Felder nicht mehr schlucken können. Und mit dem nächsten Regen geht alles in die Bäche, in die Flüsse, und die Fische sterben. So machen wir, ohne es zu merken, mit unserer Fleischeslust andere Tiere platt. Wir nehmen ihnen den Lebensraum.[…]
Der Nutzen von „Nutztieren“ wird überbewertet, die Schäden oft unter den Tisch gekehrt.“

Aus: Der Weltenburger, in: Dr. Eckart von Hirschhausen, Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben(Heiße Buchempfehlung!)


Puten bei Blindheim/ Donau

Gesunde Erde – Gesunde Menschen (Stiftung Eckart von Hirschhausen)

*******W*E*R*B*U*N*G*!*!**E*N*D*E*:-)*******************************
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Gabriel Sargissian – Jan Gustafsson

a) Vor dem Spiel: Das Mannschaftsfoto

 hidden champion 2
Man merkt es schon: Gustafssons Läufer c8 beginnt bereits über sich hinauszuwachsen

b) Eröffnung

 Nach einigen Minuten des ruhigen Abwartens tritt der Läufer von c8 schwungvoll auf die Bühne und zieht auf das schöne Feld a6. Was soll der Läufer eigentlich dort? Aber sein Chef, Herr Gustafsson, wird es schon wissen. Man kann zwar nach 1….b6 den Läufer auch sofort mit 2…..La6 hinausspielen („Blaubär“), doch auch erst im 12. Zug ist es eine schöne Idee.

 sargissian - gustafsson 2

c) Mittelspiel

 Auf a6 bleibt der Läufer nicht lange. Gegen Armenien muss er seine neue Wirkungsstätte gleich wieder verlassen – Jan Gustafsson braucht ihn, um die Mitte und seinen etwas wackeligen Bauern auf c6 abzusichern. Also weiter mit Energie – die drei Züge von c8 nach a6, weiter nach c4 und gleich darauf nach d5 macht der Läufer alle in direkter Folge!

Das kostet Kraft, und es folgt eine lange, wirklich lange Zeit des Verschnaufens in der Mitte des Brettes. Auf dem schönen Feld d5 bleibt der hidden champion erstmal und hält als Strukturläufer (Stefan Bücker) die Stellung zusammen.

 sargissian - gustafsson 3
Der Läufer wagt sich tief ins weiße Lager ….

sargissian - gustafsson 4
… und macht es sich dann in der Mitte gemütlich.

Hier steht er also, der Läufer, umgeben von Trubel und Dramatik. In den nächsten sechsundfünfzig Zügen eilen eigene und fremde Figuren vorbei, grüßen flüchtig und ziehen weiter. Alles fließt!
Um ihn herum könnten Weltreiche zerfallen, Bundespräsidenten zurücktreten oder Währungen zerbrechen – doch der Läufer hält durch im Auge des Sturms und rührt sich nicht vom Fleck wie ein winterschlafender Igel am Rande eines schunkelnden Rosenmontagszuges.

Man sehe:

(Achtung, das Folgende ist nichts für schwache Nerven – es geht ja immerhin um den EM-Titel!  Halten Sie darum bitte Ihre Kinder vom Bildschirm fern.)

sargissian - gustafsson 7
Nach dem 19.Zug …

sargissian - gustafsson 8
Nach dem 25.Zug … wir fragen: wo ist der Läufer?

sargissian - gustafsson 9
38 Züge sind gespielt.

sargissian - gustafsson 10
50.Zug: Festgemauert in der Erden (auf d5)
                 steht der Läuf´ in Lehm gebrannt

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Nach dem 56.Zug: das Endspiel bahnt sich an

sargissian - gustafsson 12
59.Zug: noch weniger Figuren auf dem Brett

 
d) Endspiel

Hat es das bei einer Europameisterschaft schon einmal gegeben? Erst im 70.Zug, nach ausgiebigem Verschnaufen und unglaubliche sechsundfünfzig Züge später wird der Läufer wieder einen Zug machen. 56!  Mit dieser Zugzahl entscheidet Magnus Carlsen oft schon zwei oder drei Partien! (Das weiß auch das Schach-Café Berlin, das Carlsens Kombinationen darum bald einen ganzen Abend widmen wird.)

 War die Stellung nun schon Remis? Damals im November und zu Hause vor den Bildschirmen sprach einiges dafür, doch so richtig sicher konnte man ja nicht sein.
Team Germany
führte zu diesem Zeitpunkt schon sensationell mit 2 : 1 gegen eigentlich übermächtige Armenier: Arkadij Naiditsch sicherte früh ein Remis gegen Levon Aronian, einen weiteren halben Punkt holte Daniel Fridman gegen Vladimir Akopian, und Georg Meier hatte sein Team mit einem furiosen Sieg gegen Sergei Movsesian in Führung gebracht.

Und nun, die letzte Partie? Alles was ich wusste, war: solange dieser Teufelskerl von Läufer noch auf d5 stand, konnte nichts schiefgehen! Doch nun brauchte Jans König eine schützende Figur, und so fing der Läufer im 70.Zug (wie gesagt, nach 56 Zügen) wieder an sich zu bewegen, nun aber gleich fünfmal in fast direkter Folge. Und das machte mich wirklich nervös.

sargissian - gustafsson 5

Langsam aber klärte sich die Lage. Und stellvertretend für alle Armenier ahnte wohl auch Gabriel Sargissian (und mit ihm Spartak Grigorian) so allmählich, dass gegen Jans gediegene Spielführung und vor allem auch seinen Über-Läufer an diesem Tag kein Kraut gewachsen sein würde.

Neben den beiden Königen waren nur noch ein Turm und der uns schon gut bekannte Läufer auf dem Brett. Der König des Verteidigers steht in der Ecke, die nicht die Felderfarbe des Läufers hat. Das könnte doch ein Unentschieden …

sargissian - gustafsson 6
Der Läufer c8 rettet den Tag

Und tatsächlich: DAS war nun wirklich Remis. Doch es war mehr als das – es war auch die Europameisterschaft!

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Suisuique (20:14) (Jan Gustafssons Blog)

Man, war das spannend, ich hätte das Endspiel zigmal verloren, aber „uns“ Jan hält das. GLÜCKWUNSCH! [..]

Das ist ein historischer Moment in der deutschen Schachgeschichte !

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hidden champion- wein
Nach dem Titelgewinn – der Läufer findet ein Versteck in der Taverna Rehakles (Porto Carras)

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Ursprünglich erschienen am 06.Mai 2012 auf www.schach-welt.de.
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… und hier noch einmal im Schnelldurchlauf – 56 Züge auf d5!
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Gesunde Erde – Gesunde Menschen (Stiftung Eckart von Hirschhausen)
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SOKO Tierschutz (…freuen sich immer über eine Spende!)
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Olaf Steffens

FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

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