Es ist ein Langer Weg

„Die Food und Agriculture Organization [FAO] der Vereinten Nationen schätzt, dass jährlich mehr als 83 Milliarden Vögel und Säugetiere für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden. Wenn Sie zwei Minuten brauchen, um eine Seite dieses Buches zu lesen, wurden in dieser Zeit ungefähr 316.000 dieser fühlenden Individuen getötet.“

Peter Singer, Animal Liberation Now

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Du hast Königsindisch vorbereitet – und dann spielt Dein Gegnerin 1.e2-e4?

Du hast extra ein paar Schachbretter eingepackt – und dann wird es plötzlich ein Skatturnier?

Liebevoll einen Ausflug ins Grüne vorbereitet – und Dein Partner will lieber zu Hause Schach üben?

Oh nein!

Das kann einigermaßen enttäuschend sein, wir alle kennen das. Und Ähnliches erlebte nun auch David Höffer, engagierter Veganer und Bundesligaspieler beim HSK Lister Turm.

In einem lesenswerten Gastbeitrag hatte er vor Kurzem angeregt, die Büffets bei den Bundesligaspielen vegan zu gestalten – gut begründet, sehr nachvollziehbar, und letztlich muss es ja nicht immer, zu jeder Zeit und an jeder Stelle Fleisch sein, oder Käse und andere tierische Produkte, die aufgetischt werden. Die Tierwelt leidet schließlich schon genug.

Zum großen Bundesliga-Wochenende in Hannover hatte David daher – psst! – überraschend ein ebensolches veganes Büffet für SpielerInnen und Betreuer umsichtig ausgetüftelt und beim Caterer bestellt.

Alles gut? Leider nein. Denn irgendwie kam es alles doch ganz anders. Doch lest selbst.

Es ist ein Langer Weg

Ein Gastbeitrag von FM David Höffer, Hannoverscher Schachklub Lister Turm

Wer sich aus dem Fenster lehnt, muss auch liefern, dachte ich mir und bot mich bei meinem Verein an, mich um die Organisation des Caterings bei der zentralen (halben) Bundesliga-Endrunde in Hannover zu kümmern.

Einiger Austausch mit der Verantwortlichen des Veranstaltungsorts, ein paar Abschätzungen, wie viel von 64 Spielern plus einigen Offiziellen gegessen wird, die Erkenntnis, dass sich die angebotene Suppe während Schachpartien eher nicht eignet, fertig war das Buffet.
Versehen natürlich mit dem Hinweis, dass alle Speisen vegan sein sollten, was zwar nochmal rückversichert, aber nicht groß hinterfragt wurde.

Doch anscheinend hatte die Verantwortliche doch ihre Bedenken und kam zusammen mit dem Hansdampf in allen Schachfunktionärsgassen, Michael S. Langer vom Niedersächsischen Schachverband, zu dem Schluss, dass man ein rein veganes Catering „doch nicht machen könne“, weil man dabei „Beschwerden zu erwarten habe“.

Die beiden machten dem Verein Druck, der sich diesem schließlich beugte, die belegten Brötchen waren nur noch zur Hälfte vegan (ja, immerhin, aber man hat eben rechnerisch 4 der 8 Mannschaften also quasi ein normales Heimwochenende, mit tierischen Produkten versorgt), der später gereichte Zitronenkuchen immerhin auch.
Wenn ich die verqueren Argumentationsversuche von Michael S. Langer richtig verstanden habe, bestanden u.a. Bedenken, dass angesichts der Spieler aus verschiedenen Kulturen so etwas nicht vermittelbar sei.


Beim Schachsport treffen die Kulturen aufeinander

Bitte was?! In welcher Kultur ist es denn bitte sehr notwendig, zu einer Zwischenmahlzeit unbedingt tierische Produkte verzehren zu müssen?

Und gibt es von den (meiner Erfahrung nach in solchen Fragen eher leicht zufrieden zu stellenden) Schachmeistern nun nicht auch große Beschwerden, dass es kein Fladenbrot (in vielen Kulturen zu vielen Mahlzeiten üblich!) beim Catering gab?
Wird das Angebot bereits dafür zerrissen, dass es keinen Vorrat an Nüssen o.ä. gab, ebenfalls eine sehr beliebte Essenskategorie?
Und wo sind die Proteststürme wegen des völligen Mangels an Pilzen, die man sogar als weder pflanzlich noch tierisch hätte präsentieren können?

Diese Fragen wirken seltsam? Ja, weil ein Catering eben nicht dafür da ist, alle Kategorien von Essen anzubieten, es soll schmecken, satt machen, Energie geben und einigermaßen gesund sein. Dass dabei irgendeine Kategorie nicht vorkommt, ist zwingend, und in diesem Fall wären es eben Tierprodukte gewesen.

Das Argument gilt übrigens eigentlich für alle Essensanlässe. Es ist aber bei einer großen Feier noch etwas eher nachvollziehbar, dass die Feiergesellschaft der Ansicht ist, ein echtes Festgefühl könne nur aufkommen, wenn man zur Feier des Tages das ein oder andere Tier geopfert habe.
(Für mich würde diese Vorstellung die Feststimmung eher verderben. Aber ich kann die Idee nachvollziehen, jedenfalls aus einer Zeit, als Fleisch noch etwas Besonderes war, das es nicht 3x täglich gab.)

Bei einem profanen Anlass zum „Ich brauche dringend etwas Nahrhaftes, um die Stunden der anstrengenden Variantenberechnung auszugleichen“ fehlt mir jegliches Verständnis für diese Haltung.

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Hannoverscher Schachklub Lister Turm

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FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

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