Hansdampf der Schachabteilung
Seit 2012 war ich im SV Werder mit dem spannenden Amt des Bundesliga-Managers betraut. Nach neun intensiven Jahren beende ich nun meine Tätigkeit, und kann (vielleicht) wieder mehr selber Schach spielen!? Mal schauen. Danke aber auf alle Fälle an Dr. Oliver Höpfner, wunderbarer Leiter der Schachabteilung des SV Werder, an Gennadiy Fish, Mannschaftskapitän, Trainer Jonathan Carlstedt (seit 2019) und seinen Vorgänger Matthias Krallmann für eine ungewöhnliche, anregende, voll gefüllte und unvergessliche Zeit am und neben dem Schachbrett in Grün-Weiß!
Für das Werder Magazin hat mich Jens Kardoeus im vergangenen Jahr porträtiert – diesen Artikel können wir hier im Katzenrevier wiedergeben mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Werder Magazins. Vielen Dank dafür!
Homepage der Werder-Bundesliga
Von Jens Kardoeus
Erschienen im WERDER MAGAZIN 345 (Dezember 2020)
Die Schachabteilung von Werder Bremen ist als umtriebig bekannt und immer bemüht, Highlights zu präsentieren. So beschrieb unser Präsident Dr. Hubertus Hess-Grunewald einst die Grün-Weißen anlässlich einer
Blindsimultan-Vorstellung. Bietet sich die Möglichkeit, Schach einmal anders denn als reinen Wettkampf zu präsentieren, dann machen sie es dort.
Olaf Steffens ist einer dieser Umtriebigen. Manager, Redakteur, Organisator, Blogger und natürlich … Schachspieler. Sozusagen ein Hansdampf der Schachabteilung. Seit acht Jahren managt er die Schachbundesligamannschaft – eine Aufgabe, die zu den Spieltagen viel Zeit und großen Einsatz abverlangt. Fast alle Profis sind Legionäre, für die Flüge, Unterkünfte, Visa u.a. organisiert werden müssen. Der Kontakt zu den Großmeistern reize ihn dabei besonders, beschreibt der 53-jährige seine Motivation. Und die Herausforderung, regionale und Nachwuchsspieler für den Kader zu gewinnen. Den Job macht er an der Seite von Mannschaftsführer Gennadij Fish, der für den sportlichen Teil zuständig ist.
Gemütliche Mannschaftsrunde an einem Bremer Bundesliga-Samstag, April 2017
Grün und Weiß sind schöne Farben
Steffens stammt aus dem nordrhein-westfälischen Unna – aus dem Pott, wie er betont. Das Schachspiel erlernte er vom Opa, dem Vater und dem älteren Bruder, die zuhause oft miteinander spielten. Er habe anfangs „ordentlich auf die Mütze bekommen“, so Steffens schmunzelnd. Im Alter von elf, zwölf Jahren fing er an, sich für Schachliteratur zu interessieren. Die Familie war inzwischen nach Schleswig gezogen, wo er sich dem örtlichen Schachverein anschloss. Von da an nahm seine schachsportliche Entwicklung Fahrt auf.
Seine ersten großen Erfolge feierte Olaf Steffens 1986 als A-Jugendlicher. Er gewann den Vizetitel bei der Landesjugendeinzelmeisterschaft und wurde mit dem Team von Schleswig-Holstein Deutscher Jugendmannschaftsmeister. Während seiner Wehrdienstzeit spielte er in der Bundeswehrauswahl und nahm an den NATO-Meisterschaften teil. 1994 war er Landeseinzelmeister und durfte Schleswig-Holstein bei der Deutschen Meisterschaft auf Rügen vertreten. Ab 1995 spielte Steffens für den Lübecker Schachverein in der 2.Bundesliga. Zwei Jahre später schaffte er dann den Sprung über die 2300 ELO-Punkte (Internationale Wertungszahl), der ihm den FIDE-Meister-Titel bescherte.
Bad Harzburg 2012 (Foto: Jens Kardoeus)
Nach seinem Hochschulabschluss zum Diplom-Handelslehrer im Jahr 1999 bewarb sich Steffens auf ein Referendariat an der Bremer Berufsschule. In der Weserstadt sah er die Möglichkeit, Beruf und Schach zeitlich besser miteinander kombinieren zu können. Seitdem unterrichtet an der Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr die Fächer Englisch und Wirtschaft und bereitet Auszubildende auf das Berufsleben vor.
Neben dem Schachspiel hat sich der junge Steffens schon früh für Öffentlichkeitsarbeit interessiert. Er war als Pressewart in mehreren Vereinen aktiv und hat Artikel für Schachmagazine verfasst. „Ich habe immer schon gerne geschrieben und mich gefreut, wenn andere es gelesen haben und ok fanden.“, sagt Steffens bescheiden. Die Bewerbung des Schachsports liegt ihm dabei besonders am Herzen. Mit Trainer Jonathan Carlstedt kommentiert er zurzeit viel Online-Turniere auf dem Live-Streaming-Portal Twitch.tv.
Seit 10 Jahren ist er zudem Autor der Webseite SCHACHWELT. Dort berichtet er in seinem für ihn typischen, sehr unterhaltsamen Stil über Schach-Events aus Bremen und umzu. Sogar der Deutsche Schachbund klopft gelegentlich bei ihm an, wenn es um die Berichterstattung aus dem Bremer Raum geht.
Schachsportlich passt der Werderaner in keine Schublade. Die Trampelpfade der Eröffnungstheorie hat er früh verlassen. Stattdessen sucht er das Risiko und spielt gewagte Eröffnungen. „Es macht mir irre viel Spaß, zu zocken“ sagt Steffens „nicht, weil ich meinen Gegner unterschätze, sondern weil ich weiß, wie schwer diese Eröffnungen zu parieren sind“. In seinen jungen Jahren, als Schachdatenbanken noch nicht so verbreitet waren, konnte er damit auch einige Titelträger überlisten, wie z.B. den Hamburger Großmeister Karen Movsziszian 1994 bei der Deutschen Einzelmeisterschaft. Heute sind Steffens Partien in den Datenbanken und seine Gegner(innen) können sich auf seinen skurrilen Spielstil vorbereiten, was er jüngst beim CD-Meyer-Gedenkturnier leidvoll erfahren musste.
Olaf Steffens ist einer von denen, ohne die es kein Vereinsleben gäbe. Ständig bemüht, die Mitglieder zu aktivieren und immer auf der Suche nach neuen Ideen, die den Verein bereichern. Von Olaf Steffens wird es sicher noch viel zu lesen und zu berichten geben.
Jens Kardoeus
Zur Person:
Olaf Steffens ist 53 Jahre alt und von Beruf Diplom-Handelslehrer.
Er managt hauptamtlich das Bundesliga-Team von Werder Bremen.
1994 war er Landesmeister von Schleswig-Holstein. Seit 1995 trägt er den Titel FIDE-Meister.
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