Von einem der auszog …
… um einmal in seinem Leben die Bremer Stadtliga zu gewinnen!
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Ein Erlebnisbericht von Lars Milde
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Mein Name ist Lars Milde, und wahrscheinlich interessiert es niemanden, was ich hier schreibe. Ich bin gerade 56 Jahre alt geworden und spiele Turnierschach seit dem ich 15 Jahre alt bin. Ich bin fanatischer Werderaner, habe schon in vielen verschiedenen Vereinen gespielt, aber irgendwie hat es mich immer wieder zu Werder getrieben und das ist auch gut so, denn Werder ist der beste Verein, den ich kenne.
Ob ich mit 16 oder 17 Jahren das erste Mal bei Werder in der Schachabteilung vorbei geschaut habe ich weiß ich nicht mehr. Jedenfalls landete ich völlig unerfahren sofort in der Stadtliga-Mannschaft zusammen mit vielen gleichgesinnten Jugendlichen und einigen alten Hasen.
Ich weiß nicht, wie oft ich, sorry natürlich WIR, es ganz knapp nicht geschafft haben die Stadtliga zu gewinnen. Irgendwie waren wir das Leverkusen (Vizekusen) des Bremer Schachs. Eigentlich habe ich mir früher darüber nie Gedanken gemacht, ich hatte einfach Freude daran mit meinen „Jungs“ Schach zu spielen.
Zu mindestens 100% Werderaner: Lars Milde! (Foto: Andreas Burblies)
In den letzten Monaten hatte ich nicht viel zu lachen. Keine Angst, ich will kein Mitleid. Ich war einfach monatelang krank und konnte meiner Mannschaft, Werder 5, in der Stadtliga nicht helfen. Irgendwie kamen sie gut ohne mich zurecht und stürmten an die Tabellenspitze der Stadtliga Bremen.
Ich fieberte vom Krankenlager aus mit und nun ergab eine günstige Fügung, dass ich die letzte Runde wieder fit war und den entscheidenden letzten Mannschaftskampf gerne mitspielen wollte.
Also schrieb ich unserem umsichtigen Mannschaftskapitän Andreas Burblies: „…ihr habt die ganze Saison super ohne mich gespielt, ich wäre auch einsatzfähig, aber BITTE BITTE wirklich nur, wenn ich niemanden aus der Mannschaft dränge. Das fände ich absolut unfair. Sonst spiele ich gerne.“
Tatsächlich konnte ich durch den krankheitsbedingten Ausfall von Irmin Meyer spielen. Ich war total aufgeregt und wollte unbedingt mit allen Mitteln gewinnen, um wenigstens einen klitzekleinen Anteil an der Meisterschaft zu haben.
ICH WOLLTE EINMAL IN MEINEM LEBEN DIESE MEISTERSCHAFT GEWINNEN!
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*** Greenpeace: Unsere Wälder brauchen Schutz ****
*** Greenpeace: Unsere Wälder brauchen Schutz ****
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Die Ausgangslage war klar: Jeder Sieg würde uns unangefochten den Meistertitel bescheren, ein Unentschieden wohl wahrscheinlich auch, aber darüber wollte ich mir keine Gedanken machen:
Natürlich war ich als Erster am Turnierort in Bremen Oslebshausen und konnte es kaum erwarten. Irgendwie ging ich mir mit meiner Überdrehtheit ein kleines bisschen selber auf die Nerven, zu spüren bekam dies als einziger mein Mannschaftskollege Bernhard Künitz, aber dazu später mehr.
Blick in die Runde: FinWest 2 – Werder 5 (Foto: Andreas Burblies)
Als es endlich losging, wusste ich schon nach dem ersten Zug: HEUTE KANN NICHTS SCHIEF GEHEN: 1.e4 e5 2.f4! Königsgambit mit Weiß…LÄUFT!
Lars Milde (Werder 5) – Sören Pieper (FinWest 2)
1. e4 e5 2. f4!
exf4 3. Nf3 Nc6 4. d4 d6 5. Bxf4 Nf6 6. Nc3 Bg4 7. Qd3 a6 8. O-O-O Qd7 9. d5!? Ne5!
(Den hatte ich unterschätzt und falsch berechnet; auf 10.Lxe5 folgt nun Lxf3!) 10. Qe3!? Nh5? 11. Bxe5 dxe5 (Jetzt geht nämlich 11…Lxf3 nicht mehr wegen 12.Dxf3 dxe5 13.Dxh5 mit Figurengewinn) 12. Nxe5 Qc8 13. Rd3 Bd6 14. Qg5 f6
(Diese nette Bauerngabel geht hier leider nicht, wegen…) 15. Qxg4! Qxg4 {fxe5 oder Lxe5 scheitern an Dxh5+} 16. Nxg4 Nf4 17. Rf3 Ng6 18. g3 h5 19. Ne3 Bc5 20. Ng2 Ne5 21. Rf5 Ke7 22. Nf4 Kf7 23. Rxe5!? fxe5 24. Ne6 h4? 25. Nxc5 1-0
GESCHAFFT!
Hans-Jochen Gscheidmeyer hatte am ersten Brett vor mir Remis gemacht.
Jetzt hatte ich endlich Zeit mir die anderen Partien mal in Ruhe anzusehen. Ich stellte fest, dass es unheimlich schwer ist eine Stellung zu beurteilen, wenn man nicht wirklich drinsteckt. Hätte ich um 12.26 Uhr eine Prognose abgeben müssen, wäre ich mit einem Unentschieden zufrieden gewesen, knapper Sieg, wenn es gut läuft! Knappe Niederlage? NIEMALS, NICHT HEUTE!!!
Ich lief wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her, rein und raus. Die Zeit wollte irgendwie nicht voran gehen. Als es dann auf die erste Zeitkontrolle zuging und ich mittlerweile zum nervlichen Wrack wurde, erste Gedanken daran, wie erkläre ich meiner Frau zu Hause, dass wir es wieder nicht geschafft haben (??), tat sich Erfreuliches:
Lars Heinemann hatte seinen Gegner überspielt und sich fiese Freibauern verschafft, die er sicher zum Sieg führte, Andreas Samjeske steuerte ein Turmendspiel in den Remishafen, ebenso wie Bernhard Künitz (der Arme bekam von mir vor lauter Freude über sein Remis eine kräftige Nackenmassage und einen leichten Klaps auf die Schulter, was er irritiert mit einem ungläubigem Blick über die Schulter quittierte),
Bernd Künitz lässt nichts anbrennen (Foto: Andreas Burblies)
Jens Osmer gewann diverse Bauern, tauschte alle Leicht- und Schwerfiguren ab und gewann sicher, Oliver Schindler gewann sein Leichtfigurenendspiel mit Mehrbauern und Lars Krabbe zog seinen Gegner über die Zeit…
…HUI…
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Diese Meisterschaft bedeutet mir unheimlich viel, obwohl mein Anteil minimal ist. Gerne hätte ich mehr dazu beigetragen, aber heute ist mir das komplett egal. Jetzt hoffe ich, dass wir den erkämpften Verbandsligaplatz annehmen und nächstes Jahr erneut angreifen!
YEAH!
YIPPIE!!
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Stadtliga Bremen
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