Patzare humanum est
Trotz steten Bemühens greift man beim Schach immer mal wieder und eigentlich viel zu oft zur falschen Figur. Oder wählt das hanebüchen miserabelste Abspiel und verdirbt eine sonst vielleicht ganz aussichtsreiche Stellung.
Unter solchen Patzern leiden wir alle, gefolgt von der einen oder anderen schlaflosen Nacht.
Nicht schön. Warum tut man sich das an?
Verlockende Welt des Schachs …
… oder doch lieber ein kühles Fußbad?
Jedenfalls, schwer kann es sein am Schachbrett, und seelenerschütternd. Hier drei Beispiele aus meinem eigenen Biotop:
a) Werder Open 2023
Das gute alte Werder Chess Open – leider nicht mein Turnier in diesem Jahr. Schon von FM David Höffer wurde ich relativ leicht erlegt, und gegen den starken Stephan Buchal fiel mir in der obigen Stellung ein:
1.Dh6-g7!?
mit der Idee 1…Th8-g8, dann das elegante 2.Sc3-d5! und gewinnt irgendwie Material:
– wenn 2…. Sf6xd5, so 3.Dg7xg8 (hehe 🙂
– wenn 2…D irgendwohin, so 3.Sxf6+ und 4.Dg7xg8 (hehe)
– und wenn in Kamikaze-Manier 2…Dxd4! , so 3.Dg7xg8, und erst dann 4.Td1xd4.
Alles super?
Stephan spielte dann tatsächlich 1…Th8-g8, und nun merkte ich, dass nach 2.Sc3-d5?!
sehr
sehr
einfach 2…Tg8xg7 folgen würde, und Weiß verliert direkt nach 3.Sd5xb6, a7xb6. Kann man berechnen. Man muss dafür aber auch über 2..Txg7 nachdenken. Dieser einfache und sozusagen auch sehr logische Antwortzug war mir offenbar entgangen.
Daher ging es weiter mit dem staatsmännischen 2.Dg7-h6, und nach Stephans 2…Se5-g4 und bald Sg4xf2 gingen bei Weiß schon bald die Lichter aus.
Übel. Hätte man sehen können, mit etwas mehr Fokus am Brett. Oder gewissenhafterem Rechnen? Oder – beidem.
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b) Werder Vereinsmeisterschaft
In der Vereinsmeisterschaft hatte mich Thomas Büttner heftig angesprungen. Eigentlich, wenn ich es mir recht überlege, kommt er ständig mit so einem wilden Zeug um die Ecke. Aufgepasst!
Umsicht war aber (auch) an diesem Abend im Februar keine meine großen Stärken, und so setzte ich nach 1.Lf1-d3 arglos mit 1… Lc8-a6 fort. Bad mistake – wer sieht, warum?
Eigentlich ganz einfach, vorausgesetzt, man gibt beim Nachdenken ein wenig acht. Thomas haute seinen Springer energisch mit 2.Sf4xe6! in meine Stellung, rumms. Ein Opfer, fast mit Ansage. Schon platt für mich? Und dabei war es doch erst der neunte Zug dieser Partie.
Es war nur Glück, dass mein Paddelboot nicht sogleich versank und ich mit 2…fxe6, 3.Dd1-h5+, Ke8-e7 4.Lc1-g5+ noch mit … Sd7-f6 alles behelfsmäßig abdichten konnte. Am Ende spielten wir Remis.
Habe ich solche üblen Stellungen auch früher schon nach neun Zügen gehabt? Ich glaube nicht. Oh Mann.
Kopflos am Schachbrett? Davor sei eindringlich gewarnt.
c) 7.Runde Werther Schloss-Open
Um zum Schluss noch eine traurige Geschichte mehr zu erzählen – hier die Schlussrunde des Wertheraner Schloss-Open 2023 (zu dem sich vieles berichten ließe!).
Gegen den jungen und dennoch motivierten Yonathan Winkler war ich gut aus der Eröffnung gekommen und mutmaßte, die Kontrolle über die schwarzen Felder könnten etwas Vorteil versprechen. Warum also nicht mit 1…Sf6-h5 ein Endspiel anbieten?
Gedacht,gemacht, auch wenn das – mit Damentausch und so – nicht die Art von Schach ist, in der ich gemeinhin zu glänzen pflege.
Was folgte?
1…Sf6-h5?
2.Dg5xe7, Sc6xe7
Alles gut?
3.Td1-d7!
Ja, aber eher für Weiß.
Der Turm weidet nun die siebte Reihe ab, schlägt auf c7, und dann auch noch auf b7. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass das Feld d7 nach dem Damentausch so ungedeckt sein würde! Wird gleich bestraft so etwas, im modernen Schach. Hätte man das nicht sehen können?
Die Partie endete Stunden später mit einem glücklichen Remis. Doch schön war es nicht.
Ein Bild, das meine Gefühle nach 3.Td1-d7 gut beschreibt
So viele Aussetzer, das könnte einem zu denken geben. Wäre ich ein Auto, könnte ich mich in die Werkstatt bringen. Aber als Mensch, der mit dem eigenen Kopf denken muss? Hilfe! Manchmal ist das offenbar zu schwer.
Mal gucken, ob sich der Fokus irgendwie noch wieder besser einstellen lässt. Liebe LeserInnen, habt Ihr eine Idee – dann immer gerne her damit, im Kommentarbereich.
Hehe, Holger, schön wäre das. Fehler gibt es weiterhin genug, aber im Moment komme ich glücklich davon in der einen oder anderen Stellung. An der Zugfindung gibt es noch viel zu feilen. Vielleicht gibt FM Hebbinghausen da mal einen Tip!?
Ich habe ja den Eindruck, dass dich inzwischen jemand (CatGPT?) in der Kunst der Fehlervermeidung unterrichtet hat 🙂
Hi Holger,
danke für den Tip! Das hat – zumindest bei Winkler – Steffens (s.o.) auch ganz gut geklappt mit dem Herausmogeln zum Remis. Toll wäre es aber, von vorneherein schon so eine Aufmerksamkeit zu haben, damit die Böcke gar nicht erst passieren …
Ich versuche schon eigentlich immer, mit Blunder Check und Prüfen der Antwortzüge alles abzuscannen, doch uuuh, will nicht immer klappen. Auf der anderen Seite – das geht uns allen ja so, man übersieht einfach Sachen.
Ich könnte dir David Smerdons „Schlaues Schwindeln beim Schach“ empfehlen, um zumindest das Beste aus den Patzern zu machen – besonders die Partien Wall-Steffens und Piepho-Steffens sind ausgesprochen instruktiv.:-)