Basmania!

Michael Basman (1946 – 2022)

Am vergangenen Donnerstag wurde bekannt, dass der britische IM Michael Basman nach langer und schwerer Krankheit verstorben ist. Basman war ein veritabler Schach-Enthusiast, der in jungen Jahren begann, unsere 64 Felder neu zu vermessen und der Idee des Hypermodernen eine neue Dimension zu geben.

Inspirierend sein kämpferischer Stil, und eine unglaubliche Vielzahl experimenteller, bahnbrechender Eröffnungsideen, die am Brett von überraschten Gegnern kaum immer zu widerlegen waren. Es waren die 70er Jahre, die 80er Jahre – da ging so etwas noch.

Obskur: 1.g4! d5, 2.h3The Killer Grob

Mutig: 1.e4, a6! 2.d4, b5! – die St.George Defence

Wundervoll: 1.b4, e5 2.a3!

Hanebüchen: 1.a3, d5 2.h3, e5The DeKlerk/ Universal Opening. Oder wie vom Meister selbst getauft: Basmania!


Das Buch zur Defence: Play the St.George, 1.Auflage 1983

Heute in Zeiten von Chessbase und Stockfish sind einige – aber längst nicht alle – dieser Abspiele leider allzu schnell entzauberbar – man muss dafür wie so oft nur etwas den Rechner laufen lassen. Wie unromantisch aber!

Basmans Ideen hatten mich seit den frühen Neunziger Jahren gepackt und ins-pi-riert. Jahrelang habe ich mit der St.George Defence und dem Orang-Utan (mit 1.b4 und 2.a3) zwar nicht das Geld für Katzenfutter und Kaffee verdienen, doch immerhin viele ELO-Punkte sammeln können. Die Positionen und Partien waren allesamt wild und murkelig, ganz so wie bei Michael Basman, dem großen Abenteurer. Und ich erlebte mit dem Grob, mit 1.a3!, 1.b4 und der St.George Verteidigung viele aufregende Turnierpartien gegen starke Gegner.

Hätte Basman bei all seinem Talent Großmeister werden können, wäre er nur mit etwas „seriöseren“ Eröffnungen in die Partie gestartet? Einiges spricht dafür.

Auf der anderen Seite – what the heck! Es soll ja auch Spaß bringen, die vielen Stunden am Schachbrett. Und da war der britische Meister einer der Ersten, für den es sich auf den 64 Feldern zu eng anfühlte. Der holländische IM (und ebenfalls kreative Forschergeist!) Gerard Welling berichtet darüber ausführlich in seinem jüngst in Kooperation mit Michael Basman erschienenen schönen Buch U cannot be serious.

Dabei trat Basman als Sohn armenischer Einwanderer auch mit ganz regulärem Schach erfolgreich gegen die Weltklasse an. Hier zum Beispiel erspielte er sich gegen den großen Botvinnik eine chancenreiche Stellung:

Dann aber machte es Klick!, und in den 1970ern begann die Zeit für etwas Neues – und einem Forscher wie Basman war es offenbar ganz egal, was das für seine Rating bedeutete. Randbauern, wilde Bauernvorstöße und hochkomplexe Stellungsbilder – damit ließen sich auch britische Meister besiegen. Basmania!

Wie sagte ein Experte damals? „It’s a sad day for British chess, when the British Champion loses to 1.h3.“ (Andy Martin) Dem möchte man nicht widersprechen, aber es waren auch 35 großartige weiße Züge!

In Basmans Buch  „The Killer Grob“ konnte man mit dem Grobometer (rechts im Bild) ermitteln, wie gut man die Eröffnung schon versteht. (Im Beispiel kam ich auf 84% – damit sollte man sich schon eine Turnierpartie trauen können. Eigentlich.)

Und dann war da noch die ultra-provokante St.George Defence 1.e2-e4 , a7-a6 – und eine hübsche Falle, hier gegen Yochanan Afek:

Meine eigenen Partien reichen an soviel meisterliches Spielverständnis natürlich nicht heran. In der 1.Runde des Leer Opens aber spielte ich am letzten  Donnerstag nach der traurigen Nachricht einmal wieder die St.George Verteidigung – als Dank, als Gruß, und als Tribut an den hartnäckigen Entdecker, Abenteurer und eines meiner großen Vorbilder im Schach, Michael Basman:

 

In Memoriam Michael Basman (1946 – 2022)


Der Meister in Haarlem, 2018 (Foto: René Olthof, dank u well!)

Ausführliches Porträt, Fotos, Partien bei chess.com

Nachruf von Peter Doggers

Nachruf bei Chessbase.de

Und im sehr schönen Chessbase– Video: Die irren Partien des Michael Basman (mit Matthias Deutschmann und Arne Kähler)

Sobald Sie auf das Vorschaubild klicken, verlassen Sie unsere Seite und werden auf www.youtube-nocookie.com weitergeleitet. Trotz datenschutzfreundlicher Einbindung kann es sein, dass YouTube Cookies verwendet. Bitte beachten Sie dafür die Datenschutzerklärung von YouTube  bzw. Google.

Olaf Steffens

FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

Und sonst so?

Heja Hamburger SK: Veganes Catering!

Heja Hamburger SK: Veganes Catering!

Gukesh zieht es durch

Gukesh zieht es durch

Guckt mal – Man of the Match!

Guckt mal – Man of the Match!

Leverkusen: Werder macht den Meister!

Leverkusen: Werder macht den Meister!

No Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RSS RSS – Schleiche uns nach

Vegane Insta-Katzen

Danke an Supporter in schwedischen Wäldern für den Kaffee!

Was sagen die Leute?

  • Holger Hebbinghaus on Guckt mal – Man of the Match!: “Ich finde den Titel des „Man of the match“ ja durchaus angemessen, aber dass Stephan dich schon zu den Oldies…Apr 20, 14:33
  • Olaf Steffens on Wie es beim Schloß-Open war?: “Mit der D-Gruppe? Dazu ist alles schon gesagt – schaue bitte hier in den Kommentaren: https://www.chess-international.com/?p=86783 Alles regulär, und alles…Apr 10, 17:51
  • kiebitzer on Wie es beim Schloß-Open war?: “und was war es mit dem D grouppe?Na…………………………………?Apr 10, 17:20

Alle 11 Züge verliebt sich ein Schachspieler (Foto:Artemese G)