Mein kleiner grüner Laptop steht oben am Balkon
Der Sommer ist da, der Sommer ist auch fast schon wieder weg, man kann ja gar nicht so schnell gucken. Vor Kurzem erst, im Frühling war’s, da ließ die DSOL, Deutsche Online-Liga unseres Vertrauens, ihr (grünes) Band durch die Wochen und das Land flattern, und bot inmitten der langen Lockdown-Starre so etwas wie Bewegung und Entwicklung – sehr willkommen.
Am vierten Spieltag spielte mein Team Werder III bei den Zehlendorfern in Berlin. Zu Gast wieder im Hans- Rosenthal-Haus, beim Showmaster meiner Kindheit! Auch der Hamburger SK war vor Ort, volle virtuelle Hütte in der Begegnungsstätte.
Vor Berliner Spielern habe ich gerne und viel Respekt, sind sie doch immer für einen überraschenden Schwindel gut, oder für knorriges Positionsspiel mit anschließendem taktischen Zauber. Alles lässt mich so chancenlos zurück wie einst in der Ligapartie gegen den Zehlendorfer Harald Lieb. Zeitweise war meine Beziehung zu Berlin sogar arg überschattet von selbsterfüllenden Niederlagen, egal wie ich mich auch mühte – Berliner gewannen immer gegen mich.
Kein Wunder also, dass es mir nur so semi-wohl war, für die Liga an der Spree und bei Zehlendorf 2 anzutreten. Doch dann, der Abend lief gut, Punkt für Werder an Brett 2, halbe Punkte an drei und vier, und auch bei mir – Überraschung! – ein Sieg nach einem etwas murkeligen Mittelspiel.
Der HSK dagegen erwischte einen nicht ganz so runden Abend, hatte mit Zehlendorf 1 aber auch einen viel stärkeren Gegner als wir. Berlin blieb mit 2,5 : 1,5 Sieger, und stand alsdann auf Platz eins der Staffel 1D. Da freute sich auch Vereinschef Helmut Flöel.
Den Hamburgern allerdings rettete die zwölfte (!) ständige Vertretung des Vereins in der DSOL-Liga 12B den Abend – mit einem schönen 3 : 1 bei Unna IV schwangen sich die Hanseaten auf Platz 2 der Staffel.
Und das wiederum führt uns zu einer historisch-soziologischen Einordnung der Begebenheiten.
Ligaspiele früher | Ligaspiele heute: DSOL |
100 km Anreise zum Auswärtsspiel | Einloggen im Online-Spielsaal |
Smartphone abgeben, Cheating-Prävention! | Ehrenleute schummeln nicht, und für alle Fälle werden die Partien gescannt |
Vertiefen und Fokussieren vor der Runde | Noch schnell die Katzen füttern, staubsaugen, Mails beantworten, etwas kochen, … |
Handschütteln vor der Partie | „Hallo“ eintippen im Chat |
Turnierruhe | Apocalyptica plays Metallica by four Cellos |
Essen nur diskret und abseits vom Brett | Her mit den Chips! Her mit den Möhren! |
No alcohol | Eigentlich auch … No alcohol |
Telefon klingelt? Partieverlust! | Telefon klingelt? Mal gucken, wer dran ist! |
Gegner gibt auf, dann gemeinsame Analyse. Noch ein Bier im Vereinsheim | Gegner gibt auf, Gegner loggt sich aus, Olaf allein zu Haus. |
Doll, wie stark Magnus Carlsen ist! | Beruhigend, dass Carlsen online auch mal was einzügig einstellt 🙂 |
Da sind wir also im Sommer 2021, der längste Tag ist schon wieder vorbei – schade eigentlich.
Freut sich schon jemand auf echte Partien, echte Bretter, echte Gegner auf Turnieren bald irgendwo im Lande – wo fahrt Ihr hin, und wie fühlt sich das an?
Man sehe den linken Teil der Tabelle – am Ende ist das alles gar nicht mehr so einfach mit dem richtigen, klassischen Schach? Sagt gerne Bescheid im Kommentarbereich!
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Da muss ich dich leider enttäuschen – ihr habt den Wettkampf zwar mit 6:2 gewonnen (und wie das LSV-Archiv verrät, erreichten die Immer-noch-LSVer 4/4, die inzwischen-Ex-LSVer 2/4), aber du konntest nur einen halben Punkt dazu beisteuern. Immerhin behauptet meine Datenbank, dass Schwarz mit 2…h5 insgesamt auf 50% kommt (Volkmar Kerner gewann in der Oberliga Ost 1995/96 gegen Jens Piotraschke).
Hey Holger,
es spricht für Dein Gedächtnis, dass Du das noch weißt! Ich hoffe, ich habe jedenfalls dann damals diese Partie gewonnen? Sonst muss die … Neuerung wohl erstmal zu den Akten gelegt werden 🙂
Mensch Olaf, kennst du deine eigenen Partien nicht mehr? Dein 2…h5 gegen Harald Lieb war keine Neuerung, das hast du doch bereits in der Oberliga 1996/97 gegen mich ausgepackt.