Kandidatensuche

Es ist an und für sich ja schon erstaunlich, dass man überhaupt mal eine Partie gewinnt. Die Gegner- und Innen kommen exzellent präpariert ans Brett, sind selbstbewusst und unbeeindruckt, und dann machen sie stets noch gefährliche Züge. Wie soll man da noch punkten?

Ein guter Weg, mit Gegenspielern jedweder Provenienz umzugehen, ist – dass man sie einfach ignoriert. Meistertrainer sprechen davon, die Stellung vor sich zu würdigen, und weniger daran zu denken, wer einem da gegenübersitzt, stark, nicht so stark, mittelstark. Play the position, not the man. (Andere derweil sagen „Play the man, not the position.“. Who knows.).

Und ebenso ignoriert werden sollte am Besten, dass man eigentlich ja gerne noch gewinnen wollte heute, für das Turnier, für die Mannschaft, für die schöne DWZ. Diese Sorge um das Ergebnis mag besser für die Abendstunden aufbewahrt sein – erstmal stabil über die Stellung nachdenken!
Wer so halbwegs sinnvolle Züge macht, und anschließend noch einen, gefolgt von einem weiteren ohne dicken Patzer, bei dem wird alles schon so ausgehen, wie es soll, und vielleicht enden die Bemühungen sogar mit einer Gewinnpartie.

So ungefähr ist es mir jedenfalls ergangen bei der DSAM in Düsseldorf in meiner Partie gegen FM Claus Pitschka aus Garching. Obwohl ich gar nicht besser stand – gefühlt eher das Gegenteil davon.


Partiedarstellung mit Dank an Chessbase.de

Was sagt uns das?

– Es hilft, nach jedem (jedem, jedem) Zug des Gegners nach neuen Drohungen zu gucken („Was droht?“). Wissen wir alle! Man muss es trotzdem jedes Mal aufs Neue wieder tun, und nicht vergessen.

Dass nach 22.exd6 das gefährliche 23.Lxh6! in der Luft liegt – an einem etwas unkonzentrierteren Tag hätte ich das gerne mal übersehen, und dann war es das schon wieder mit der guten Laune
.

– Wichtig auch, bei jedem Zug alle oder zumindest allerlei Kandidaten zu prüfen – wissen wir ja auch! In die Breite rechnen ist schön, allein – siehe oben – es muss jedes Mal aufs Neue getan werden, dieses Rechnen. Disziplin am Brett – da kann so ein Arbeitstag schon einmal lang werden.

Als mein Gegner 25.g2-g4 spielte, war die Liste meiner Antwortkandidaten lange Zeit eher so im vagen Bereich von 25… Dd5, 25….Dd3 und ähnlicher Manöver. Es dauerte, bis das überraschende 25…Sd2! überhaupt glücklich auf meinem Radar erschien.
Das spricht dafür, sich für jeden Zug einigermaßen Zeit zu lassen, gerade wenn einem die gefundenen Kandidaten noch nicht gefallen. Und eben, breit rechnen, die ersten Züge lange suchen.
.

– Das Endspiel am Ende, ist es gewonnen, kann es auch Remis werden auf dem Weg? Ja. Endspiele, da weiß man nie, vor allem bei ohnehin knapper Bedenkzeit.

Ein Mehrbauer ist zwar schön, indes kann da immer noch viel passieren, selbst wenn wir uns sehr mühen. Ich war froh, dass ich die Partie am Ende gewann, doch sicher sein soll man sich nie. Endspiele eben.


Alles nicht so einfach!

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Olaf Steffens

FIDE-Meister seit 1997, seit 2007 Spieler für Werder Bremen in der Zweiten Bundesliga, Oberliga und Landesliga. Größte Erfolge: Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, Bremer Pokalsieger 2013! Größte Misserfolge: Werd´ ich hier lieber nicht sagen! Diplom-Handelslehrer, ich unterrichte an einer Bremer Berufsschule Englisch, Buchführung und Wirtschaft. Lest weiter hier: https://veganeschachkatzen.de/ueber-mich/

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