Antirussische Schachschule
Nun, was soll man sagen – es sind finstere Zeiten. Wenn mit der Ukraine ein europäisches Land von einem anderen plump überfallen wird, bleibt nicht mehr viel Spielraum für gute Argumente.
Wie so viele halte ich die russischen Gründe für den Einmarsch für fadenscheinig, verlogen und vorgeschoben, um der Invasion in ein friedliches Land einen wohlfeilen moralischen Anstrich zu geben. Doch das ist vergebens. Es ist den allermeisten mehr als klar, dass hier ein Lügengebäude errichtet werden soll – und Russlands Präsident Putin für einen völkerrechtswidrigen Angriff verantwortlich ist, für kaputte Städte und viele, viele Opfer. Ich bin fassungslos.
Als vegane Schachkatzen wollen wir hier einige Reaktionen aus der Welt des königlichen Spiels zusammentragen – direkte Folgen der russischen Agression und des ukrainischen Leids:
1) Der DSB fordert Ausschluss russischer und belarussischer Athleten
Zu den Entscheidungen des FIDE Councils erklärt Ullrich Krause, Präsident des Deutschen Schachbundes, am 28.Februar 2022:
Chessbase: Russische Spieler beim Belgrader FIDE Grand Prix und ihre Reaktionen auf den Krieg
2) Werder Bremen: Schachmatt dem Krieg
Nach zwei zähen und traurigen Corona-Jahren hatte sich die Schachbundesliga gerade angeschickt, am kommenden Wochenende in die neue Saison 2021/2022 zu starten – ein Zeichen der Zuversicht!
Dann kam der Krieg, und mit ihm ernste Folgen auch für zahlreiche SpielerInnen aus den betroffenen Länder. Keine russischen Flüge mehr in die EU heißt, dass auch russische Großmeister kaum werden anreisen können, um zu ihren Vereinen zu kommen. Vor allem aber – Ausreiseverbot für ukrainische Männer zwischen 18 und 60.
Werder Bremen ist einer der Vereine, die das besonders treffen wird, denn drei ihrer besten Spieler sind ukrainische Großmeister: Zahar Efimenko, Alexander Areshchenko und als Neuzugang Kirill Shevchenko. Keiner von ihnen wird dabei sein, keiner von ihnen wird auch „einen Kopf“ haben, um sich ans Brett zu setzen für Schach.
Marco Bode unterstützt beim ersten Zug: Zahar Efimenko für Werder im Februar 2019
Werder stellt zwei seiner ukrainischen GMs gegen Baden-Baden und Deizisau dennoch auf – lässt ihre Bretter aber frei, als Zeichen des Protestes gegen den russischen Angriff, und in Solidarität mit der Ukraine. Eine starke Geste.
Hier ein Filmbeitrag von Radio Bremen: Dr. Oliver Höpfner, Leiter der Werderaner Schachabteilung, zur Lage bei Werder und seine drei ukrainischen Meister.
3) Hat Putin den Verstand verloren?
Was wollen die Russen in der Ukraine? Warum nehmen sie es in Kauf, dort alles zu zerstören, und ein Land zu besetzen, in dem sie auf Jahrzehnte keinen Boden und vor allem keine Freunde mehr finden werden?
Einen möglichen Erklärungsansatz liefert der russische Autor Dmitry Glukhovsky in seinem lesenswerten Beitrag Antirussland für die ZEIT:
„Das Hauptproblem der Ukraine besteht, wie mir scheint, gerade darin, dass sie Putin und der Welt aufzeigt, dass wir, die Russen, auch anders könnten:
dass Menschen, die sich durch nichts von uns unterscheiden, die den gleichen Background, die gleiche Mentalität und Kultur haben, nicht unbedingt in Baracken hausen müssen, zu patriotischem Trommelwirbel und Kirchengesang,
sondern in einem ganz normalen, modernen Land leben können.“
Ein Angriff auf die Freiheit also, und auf eine sich vom großen Bruder RUS langsam emanzipierende Gesellschaft. All unsere Sympathie und Solidarität daher mit den Menschen in der vom Kanonenterror getroffenen, blutenden Ukraine.
Stand with Ukraine!
Die Antirussische Schachschule, Lektion 1: So gewinnt man gegen Putin-Freund Sergey Karjakin
Die Antirussische Schachschule, Lektion 2: So gewinnt man gegen Putin-Freund Anatoly Karpov
Friedensappell vieler russischer Schachmeister:
https://de.chessbase.com/post/friedens-appell-der-russischen-schachspieler
Beeindruckend, in diesen Zeiten und diesem finsteren Polizeistaat. Hoffen wir, dass es helfen wird, etwas zu bewirken und den Krieg zu beenden.